Pangkor 12.02.2008

RENAISANCE MODERNE

Es ist ein immer wiederkehrender Gedanke, dass sich Parallelen in den großen Bögen der Geschichte nachzeichnen lässt Es ist müßig, sich über den Wahrheitsgehalt dieses Gedankens zu streiten. Diese Gedanken gehören zum Spiel der Phantasie und fragen gar nicht
nach absoluten nachweisbaren Fakten. Aber sie klären viel im Verständnis über den immer wieder faszinierenden Erfindungsreichtum und den stätigen Willen, Neues anzufangen, und die Verstickungen in Konventionen zu zerreißen, sich zu befreien und nach neuen
Erkenntnissen zu leben, neu durchzuatmen ,Ängste des Alten zu überwinden, und ein neues Leben zu beginnen.

Anfang des 15.Jahrhunderts erstickte die Welt im ausgehenden Mittelalter. Die Konventionen, die Bedeutungsinhalte der Kunst waren fest verstrickt, das Christentum erstarrt.
Da schuf im chaotischen Florenz , Zentrum einer neuen Befreiung, Bruneleschi seine ganz „modernen“ Gebäude nach einer Proto- Renaissance . Man besann sich auf das eigene ,uralte Erbe , sah Rom und Athen mit anderen Augen, interpretierte die geschichtliche Vergangenheit neu, und bahnte den Weg zur Renaissance.
Das Mittelalter zelebrierte seinen Abgesang noch ein ganzes Jahrhundert .
Die Frührenaissance brach ein. Es folgte ein Kuddel-Muddel der Stile, bis sich die „Moderne“ durchsetzte.
Anfang des 20.Jahrhunderts war die Welt im Eklektizismus erstickt. Nichts lief mehr in den Fesseln der Konventionen. Da schuf nach dem Aufbruch um die Jahrhundertwende mit den bedeutenden Künstlern in den 20-er Jahren u.a. das Bauhaus die Grundlage zu einem neuen
Gesamtkunstwerk der Moderne .Mies van der Rohe baute seinen Pavillon auf der Weltausstellung und der Barcelona- Sessel steht heute noch zu repräsentativen Zwecken in fast allen Empfangshallen großer Konzerne. Das Glashochhaus in Berlin wurde nicht gebaut.
Es kam dann in den 30-er Jahren der gewaltige Rückschlag in Blut und Boden. Die Moderne wanderte aus, vor allem nach Amerika und heute in die ganze Welt als internationaler Stil.
Und was blieb in Berlin? Das Erhalten und Bewahren.
In großer Vorsicht begann nach dem Kriege der Wiederaufbau , mit wenig Mitteln und großer Angst vor dem Wagnis. Man übernahm die Konzepte der Vorkriegszeit. Die Befreiung aus dem Muff der 50./60. Jahre in den 60./70. Jahren , der erste Aufbruch in die Zukunft in dem Glauben an Utopien , meist aus dem Ausland - Amerika , die alte
Siegermacht nun auch als Ausland gesehen- wurde schnell wieder erstickt unter einem Mantel an muffiger Nostalgie – und so ist es geblieben. Nur nicht zu hoch denken, nichts zu weit wagen, auf dem abgetretenen Teppich bleiben. Traufhöhe ist angesagt- die Länge der
Feuerwehrleiter des 19.Jahrhunderts.
Italien durchlebte viele Wirren der parallelen Entwicklungen zur Renaissance - heute gern verschwiegen und vergessen um die Klarheit der akademischen reinen Entwicklung nicht zu trüben .

Deutschland durchlebte eine kurze Aufregung in der Nachfolge der 68-er. Die Restauration siegte schnell wieder, die Angst vor dem Neuen diente dem Machterhalt des Alten. Und nun nützt auch keine Ruckrede eines Präsidenten, keine Warnung aus der Wirtschaft.
Die Globalisierung des Geistes und der Kunst findet woanders statt.
Und das ist auch gut so!
Berlin baut sich eine Vergangenheit auf und hat vergessen, dass es eine ganz junge Stadt ist, keine eigene Geschichte hat ,eine abgebaute Stadt ist, die Reste, die noch nach dem Kriege verächtlich als Schutt abgetragen worden sind, wieder in neuer Nostalgie verherrlicht und zu
etwas verklärt, was sie nie waren. Und nun heißt es: Traufhöhe halten!
Und das ist auch gut so!
Ein Moderne, aufbauend auf der Wiedergeburt der Kunst zu Beginn des 20.Jahrhunderts würde auch misslingen.Und so geht die europäische Moderne, die hier noch gar nicht richtig begonnen hatte, in der ganzen Welt auf. Eine wunderbare Vorstellung. Wie Griechenland nach einer noch gewaltigen Expansion im Hellenismus an die Küsten Kleinasiens und den Stiefel Italiens mit Sizilien, dann in der Kunst und Kultur des römischen Reiches aufging, so geht die europäische Moderne nach dem Exodus in das Sieger- und Auswanderungsland Amerika , nun in der Kultur der Welt auf. Ein tröstlicher Gedanke.
Europa wird ein Teil der Weltkultur, und geht darin auf, nicht unter !
Wie Beethovens Neunte zum „Song of Japan“ wurde, Traviata in Singapore von Koreanern „gebracht wird“, so baut Caesar Pelli in Kuala Lumpur, Herzog das Nest zur Olympiade in Peking, Rem Kohlhaas die überdimensionierte Rune in China, Foster das Ufo in Singapore.
Sie bauen nicht als Ausländer, die zufällig einen Wettbewerb gewonnen hatten , wie noch Jörn Utzon in Australien, sondern sie bauen als Weltbürger. Weltbürger muss man mit Leib und Seele werden, als Weltbürger lebt man die Moderne ! Als Weltbürger findet man sein zu Hause und überwindet den Tourismus . Man fährt nach Singapore und ist zu Hause, in der Moderne zu Hause. Und alt wird man im nostalgischen Europa, in Berlin.
Wo komme ich her? Aus Old Europe, aus Old Germany, aus Old Berlin.
Man liebt seine Runzeln und pflegt die in den Kriegen geschundene Haut. Das nennt man Rekonvaleszens. Gesund sterben heißt die Devise!